DIE LAMPISTEN | Der Verein stellt sich vor
Karneval ist Tradition, Spaß und Lebensfreude. Die fünfte Jahreszeit bietet darüber hinaus die Gelegenheit, sich mit spitzer Zunge gegen Griesgram und Muckertum einzusetzen – sprich, Karneval ist politisch. Karneval ist aber auch bunt und lebt von selbstgemachten Kostümen und kreativen Mottowagen. Politisch, kreativ und jeck — dafür stehen die „Lampisten“. Der jüngste Karnevalsverein Ratingens, der sich im November 2019 gegründet hat, unterscheidet sich bewusst von den traditionellen Vereinen des Winterbrauchtums. Im Mittelpunkt steht die kreative Entwicklung von phantasievollen Mottowagen, die gesellschaftskritisch, lokalverortet und mit einem Augenzwinkern die Ratinger Karnevalsumzüge bereichern möchten.
MIT SPITZER ZUNGE GEGEN GRIESGRAM UND MUCKERTUM | Wie alles begann
Die Lampisten fanden sich 2016 erstmals zusammen, um ein Benefiz-Fußballturnier mit dem Titel “Kick fair – Hand in Hand: Anstoß zur Integration” zu organisieren. Ihre Idee schon damals, die Stadtgesellschaft zusammenzubringen, um ein Zeichen für Toleranz und Miteinander zu setzen. Die Idee hierzu entstand im Zusammenhang mit der sogenannten Flüchtlingskrise 2015/2016. Neben zahlreichen Vereinen, dem örtlichen Jugendrat und dem Integrationsrat engagierten sich viele Bürgerinnen und Bürger und organisierten auf Initiative des damals noch losen Zusammenschlusses der „Lampisten“ ein Turnier mit 20 Mannschaften aus 15 Nationen. Besondere Würdigung fand das Projekt durch die Unterstützung des Bürgermeisters, des Landrates, sowie die örtlichen Bundestags- und Europaabgeordneten aller demokratischen Parteien.
2018 waren es antisemitische Schmierereien, die erneut die Gruppe auf den Plan rief. Nur wenige Stunden nach dem antisemitischen Anschlag auf die Synagoge in Pittsburgh mit elf Toten, hatten wie sich später herausstellte, Reichsbürger “ Juden raus” in rosa Farbe auf eine Schaufensterscheibe in der Haupteinkaufsstraße eines der größten Stadtteile Ratingens gesprüht. Für alle in der Gruppe war schnell klar: „wir wollen ein Zeichen setzen“. In unmittelbarer Nähe des Tatortes leben Jüdinnen und Juden, die ab diesem Moment ohne Polizeischutz nicht mehr am Alltag teilnehmen konnten. Auch hier bewegten die Lampisten erneut die gesamte Stadtgesellschaft, um ein Zeichen zu setzen. Mit einem Gottesdienst, einer Menschenkette und einer Kundgebung reagierten mehr als 2.000 Bürgerinnen und Bürger auf die ausgrenzenden Schmierereien.
Demokratie und Toleranz beginnen im Kleinen, dies war die Motivation, sich weiter zu engagieren. Nach der Menschenkette war für alle der noch losen Gruppe klar, wir machen weiter. Schnell wurde klar, dass die Gruppe einen dauerhaften „Fußabdruck“ hinterlassen wollte und nicht nur spontan reagieren wollte. Wo kann man besser Themen mit einem Augenzwinkern ansprechen als im Karneval. Als Vorbild nahm sich die Gruppe den Düsseldorfer Karnevalsumzug mit seinen satirisch, heiteren, aber nachdenklich stimmenden Mottowagen. Jedoch brauchte es dafür eine Struktur. 2019 gründete sich dann offiziell der Verein “Die Lampisten e.V.” und das dauerhafte Projekt “Die Lampisten- ein Wagen, ein Verein” war geboren, welches bunt, kreativ und mit einer gesellschaftspolitischen Botschaft für Toleranz, politisches Engagement und gegen Muckertum eintritt.
NICHT LANGE SCHNACKEN – MACHEN | Der erste Aufschlag
Gesagt, getan: Erstmalig versuchten sich die Engagierten in der Session 2018/2019. Ein LKW-Anhänger war schnell gefunden, gekauft und ausgeschlachtet. Unter dem Motto „Wir setzen die Westbahn auf die Schiene“ warben die Lampisten für das für Ratingen wichtige Nahverkehrsprojekt, das seit mehr als 20 Jahren auf seine Umsetzung wartet.
Vom Entwurf, über die Leichtbauweise und das Kaschieren bis hin zum Bad/WC mit fließendem Frischwasser wurde alles selbst erdacht und mit viel Kreativität und Knowhow gebaut. Der Spaß und die Begeisterung für das Winterbrauchtum, aber vor allem für das gemeinsame Bauen, war geweckt. Den nötigen Rahmen gab im November 2019 die Vereinsgründung.